Meinen Beitrag
widme ich Andrea - stellvertretend für alle WGs.
Kaufen wir Liebe oder Sex?
„Liebe kaufen“: Daran wird man sich erst mal stossen. Man ist sich einig, dass man Sex kaufen kann, nicht aber Liebe, trotz der Tatsache, dass die einschlägigen Angebote gern von „Liebe“ reden und, am Ende aller Verlockungen, auch noch etwas versprechen, das in diesem Zusammenhang fast wie der Gipfel der Perversion erscheint: „Sinnlichkeit“, also Gefühl, Musik unter der Haut! Wenn das Resultat hinterher auch nicht im Entferntesten danach ausschaut (jedenfalls in den meisten Fällen), so werden viele ins Abenteuer eingestiegen sein, eben genau das zu erleben: „Etwas wie Liebe“. Ein Anklang, eine Illusion davon, nicht zu dünn, um eine gewisse Zeit lang gnädig die Realität zu verschleiern – bei beiden Geschlechtern.
Bezahlen können heute Männer und Frauen. Vielleicht nicht immer und überall in der sogenannten Ersten Welt, aber dank materiellem Gefälle in der sogenannten Dritten. Beispielsweise die Tropen-Gigolos, die sich auf die Touristinnen und ihr Bedürfnis spezialisiert haben, brauchen in der Regel nicht viele Worte, eigentlich nur drei: „Ich liebe dich.“
Trotz ausgebuffter Routine, trotz Geschäftssinn und im Wissen um die Flüchtigkeit solcher Affären: Alle wollen ein bisschen daran glauben.
Braucht es Tränen für das Recht der Liebe?
Edith Piaf singt im Chanson ‚C’est l’amour’: „In der Liebe braucht es Tränen, in der Liebe muss man geben.“ Allen jenen, die zu lieben glauben, jenen, die zu lieben nur vorgeben, sagt sie: „Nie werden sie weinen können. Und alle, die keine Tränen haben, werden niemals lieben können.“
Ist das Lied verklungen, kann man sich fragen, ob das wahr ist: Hat Glück immer seinen Preis?
Genau das scheinen die Leute zu fürchten. Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass sie sorgsam darauf achten, zwar „Beziehungen“ einzugehen, aber dabei um keinen Preis ihr Herz riskieren, indem sie es an jemanden „hängen“ oder „verschenken“? Sie stutzen von vornherein die Höhen des Glücks, um so auch die Tiefen des Leidens zu mässigen. Man schielt nach allen Seiten, bleibt wachsam und pragmatisch. Diese Vorsicht spekuliert insgeheim mit einem zweiten Leben – und vertut das einzige.