Hier noch ein lesenswerter kritischer Artikel :
Das Virus dient als Vorwand für fragwürdige Kontrollmechanismen
«Uns wird suggeriert, Datenschutz sei ein Luxusgut»
In der Krise kusche der Staat nach oben und trete nach unten, sagt der österreichische Philosoph Robert Pfaller.
Kleinunternehmen würden einfach so ausgelöscht.
https://www.tagesanzeiger.ch/d…lmechanismen-319258611746
Wenn ins Private eingegriffen wird, sind Verbote vielen ein Graus. Aber in der Corona-Krise waren die verordneten Massnahmen sinnvoll, nicht?
Es kann Situationen und Herausforderungen geben, in denen Menschen nicht alleine entscheiden und sich nicht alleine schützen können. Die Regulierung der Finanzmärkte wäre ein Beispiel für eine solche Herausforderung gewesen. Dann muss der Staat handeln. Ob ausgerechnet die aktuelle Bedrohung eine Herausforderung dieser Art ist, steht allerdings, wie mir scheint, noch nicht fest. Offenbar wurde die Gefahr zu Beginn der Krise gewaltig überschätzt. So fungiert das Virus als Vorwand für die Einführung einer Reihe fragwürdiger Kontrollmechanismen. Yuval Noah Harari bemerkt darum klug, bei Corona handelt sich nicht um eine medizinische, sondern um eine
politische Krise. Es ist schliesslich nicht die Pest.
Das Virus als ein Vorwand?
Auch in diesem Fall könnte die vermeintliche Lebensgefahr wieder zur Ablenkung davon dienen, dass hier massive politische Interessen durchgesetzt werden. Während die Individuen systematisch überwacht und «getrackt» werden, werden grosse Geldmengen von den Regierungen verteilt, ohne dass man deren Spuren nachverfolgen kann. Wir dürfen auch nicht vergessen: Es war nicht der Staat alleine, der hier seinen starken Arm gezeigt hat.
Anscheinend haben private Firmen wie zum Beispiel Facebook und Jimdo, gestützt auf Richtlinien der ebenfalls zum Grossteil privat finanzierten Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Veröffentlichung missliebiger Expertenmeinungen unterdrückt. Dem idyllischen Bild eines Staates, der in der Bedrohung Entschlossenheit gezeigt hat, würde ich darum mehrfach misstrauen.
Der Staat hat doch in Wahrheit nach oben gekuscht und nach unten getreten.
Wo machen Sie das fest?
Der Staat hat sich anscheinend willfährig und vorzugsweise an jenen Expertisen orientiert, die dem gemeinsamen Interesse von Pharmaindustrie und Überwachungstechnologie-Entwicklern dienlich waren, und dafür die Bevölkerungen mit Einschränkungen belastet, deren Sinnhaftigkeit und Verhältnismässigkeit noch zu überprüfen wäre. Zudem hatten die Regierungen einstarkes Interesse, das Bedrohungsszenario propagandistisch zu übertreiben und dadurch ihre eigene Akzeptanz zu steigern. Manche Regierungen wie die österreichische haben zudem am Beginn der Krise verantwortungslos genau jene Gesetze ausser Kraft gesetzt, welche die Entschädigung der durch den Lockdown gefährdeten Unternehmen geregelt hätten. Durch dieses absichtlich
herbeigeführte Staatsversagen wurden vor allem Kleinunternehmen in ihrer Existenz aufs Spiel gesetzt.
Sie sprechen von absichtlich herbeigeführtem Staatsversagen?
Ja, und jetzt nützt man die Not und das dringende Bedürfnis nach Lockerung der Einschränkungen, um der Bevölkerung den Einsatz einer Überwachungstechnologie schmackhaft zu machen, die sogar nach Auffassung der Regierung «an der Grenze der Demokratie» steht. Nach dem Motto: «Euch Gewürgten geben wir wieder Luft, wenn ihr die elektronische Taschenfessel
akzeptiert.» Insofern sind die Lockerungsmassnahmen mit allem, was sie mit sich bringen, mindestens ebenso bedenklich wie die zuvor verfügten Einschränkungen.
Dieses brachiale Agieren des Staates ist kein Zeichen seiner Stärke, sondern im Gegenteil seiner Schwäche und mangelnden Souveränität.
Einige gehen noch weiter, sprechen von einer «Seuchendiktatur», in der das «nackte Leben» zwecks kapitalistischer Verwertung erhalten wird.
Ich glaube nicht, dass es der aktuellen Panikmache darum geht, die Bevölkerungen biopolitisch und ökonomisch zu verwalten. Die verlogene Propagandazeile «Jedes Leben zählt» hat vor allem den Zweck, den Regierungen Zustimmung zu verschaffen und von den eklatanten aktuellen wie vorangegangenen Fehlern und Versäumnissen abzulenken. Denn die Krise ist in manchen Ländern wie zum Beispiel Italien auch deshalb so schlimm ausgefallen, weil das Gesundheitssystem durch Einsparungsmassnahmen geschwächt
war. Das «Diktatorische» mancher aktueller Massnahmen ist, wie mir scheint, auch eine Folge dieser Unterlassungen im Gesundheitsbereich. Hätten wir besser ausgestattete Spitäler und Pflegeheime, unabhängigere Experten und kompetentere Institutionen für den Notfall, so brauchte man die Bevölkerungen nicht dermassen zu schikanieren.
Apropos Bevölkerung: Die meisten verhalten sich aktuell extrem vernünftig. Haben Sie das erwartet?
Man sieht daran einerseits, dass Menschen zu viel mehr Solidarität bereit sind, als oft angenommen wird. Andererseits scheint sich auch zu zeigen, dass nur die wenigsten Leute Zugang zu alternativen Informationen haben und sich darum an die Hoffnung klammern
müssen, dass die Opfer, die man ihnen abverlangt, sinnvoll und vernünftig wären. Alles andere wäre ja noch erschreckender als ein unbekanntes Virus, nicht?
Einige wollen die Corona-Krise nutzen, um sich «aufs Wesentliche» zu konzentrieren. Ist es falsch, in dieser Krise etwas Gutes zu erkennen?
Ich fürchte, das Lebenswerte des Lebens können in der Krise nur jene Menschen für sich entdecken, die es vorher auch schon ganz gut kannten. Und die plötzliche ökologische Zurückhaltung, die von der Notsituation aufgezwungen war, anstatt durch Vernunft herbeigeführt zu sein, wird sehr schnell wieder verschwinden, sobald der Zwang der Not nachlässt. Jede
Besserung, die einer Katastrophe wie einer Seuche oder eines Krieges bedarf, ist keine wirkliche Besserung. Denn sie ist nur eine Begleiterscheinung der Katastrophe und hält darum auch kaum länger an als diese.
Viele loben die Kreativität, sie helfe in der Krise. Ist das nicht übertrieben – und nur der Kampf einer kreativen Klasse, die nicht ganz so systemrelevant ist, wie sie es gerne wäre?
Mich haben die alten Partisanenlieder, die in solcher Schönheit von italienischen Balkonen gesungen wurden, schon berührt. Der Kampf aber wird, so scheint mir, von einer anderen Klasse geführt. Die derzeit stattfindende Auslöschung von Kleinunternehmen, wie unter anderem den Kreativen und Kunstschaffenden, liegt im Interesse derjenigen, die jetzt an der Herbeiführung postdemokratischer Zustände arbeiten und der verängstigten Bevölkerung suggerieren, Persönlichkeitsrechte und Datenschutz wären schöngeistige Luxuswaren. Insofern ist es schon richtig: In einer Postdemokratie ist Kreativität kaum mehr systemrelevant.