Nach vier Jahren Samui zurück in die Heimat
Markus aus Österreich sagt Adieu zur Freundin, Bar und einem Leben, das keines war
Der letzte Abend von Markus Himmelbauer an „seiner“ Mai Ling Bar mit einer freien Mitarbeiterin und seiner Mai Ling (rechts): Spanferkel für die Freunde, die Einnahmen wie üblich für die thailändische Ex-Geliebte.
Samui/Linz. Den letzten Anruf seiner Mai Ling erhält Markus Himmelbauer drei Tage vor seinem Abschied. „Darling, I miss you so much….!“ Markus nickt mit dem Kopf, fast automatisch. Dann legt er auf und grinst. Nach vier Jahren Koh Samui und annähernd genau soviel Zeit mit seiner Thaifreundin glaubt er kein Wort mehr. Der 32-jährige aus Rohrbach bei Linz in Oberösterreich sitzt entspannt an einer Bar in Pattaya. Das letzte, was er jetzt noch hören will, ist ein weiteres Ammenmärchen seiner Ex-Geliebten und Geschäftspartnerin aus Koh Samui. Am Sonntag tritt er die Heimreise an. Freiwillig, One Way, ohne Rückflugticket. Markus hat Anfang November alle Brücken auf Koh Samui abgebrochen. Ein zweites Mal wechselt er seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt. Dieses Mal wandert Himmelbauer, der gelernte Koch, wieder ein: nach Österreich. Das Abenteuer Thailand hat ihn in vier Jahren zu viel gekostet. Nerven, Geld, den Verlust vieler Illusionen und den Glauben an die Definition Vertrauen und Aufrichtigkeit. Bevor er auch noch den Glauben an sich selbst verliert, zieht Markus die Notbremse.
Euphorie und Glück bis in die Haarspitzen
Sein Schicksal ist exemplarisch für viele Glücksritter, die ins Land des Lächelns gezogen sind und dort das Lachen verlernt haben. Markus macht kein Hehl daraus, dass er in der neuen Heimat nie wirklich Fuß fassen konnte. Er erzählt im FARANG seine Geschichte. Ohne Bitterkeit, mit viel Selbstironie, um viele Erfahrungen reicher, vor allem aber mit dem Bewusstsein, diese Episode selbst beendet zu haben. Damit ist Markus Himmelbauer ein krasser Außenseiter. Denn die meisten, die gehen, die „müssen“. Markus muss nicht, er will.
Als er im Jahr 2004 auf seiner Trauminsel die großen Koffer auspackte, prickelten die Euphorie und das Glück bei ihm bis in die Haarspitzen. Markus Himmelbauer fand als ausgezeichneter Koch schnell Anschluss und zauberte im Szenerestaurant „Kärnterwirt“ in Lamai bei vielen Festivitäten Schmankerl aus seiner österreichischen Heimat auf den Tisch. Mit dem kantigen Wirt Michael, einer Legende in Lamai, kam er gut zurecht und fing an, erste Wurzeln in Thailand zu schlagen. Fast zwangsläufig lief ihm nach wenigen Monaten die Frau fürs Leben über den Weg: Mai Ling, um neun Jahre älter als der schüchterne Markus, nicht nur lebenserfahren, sondern auch kampferprobt. Die forsche Thailady überzeugte ihre neue Eroberung davon, in eine eigene Bar zu investieren. Von seinen 650.000 Baht Betriebskapital bezahlte der 32-jährige Oberösterreicher im August 2005 rund 400.000 Baht für die Geschäftsidee Mai Lings. Sie erhielt dafür einen auf ihren Namen ausgestellten Dreijahresvertrag.
Charme der ersten Wochen ist schnell verflogen
Als Barchefin ist Mai Ling mit allen Wassern gewaschen. Die Mai Ling Bar am Ende der Soi Samui Moon wird zum Geheimtipp für liebeshungrige Bleichgesichter. Bis zu 20 Mädchen tanzen auf dem Tresen und an den Barstangen. Viele davon für Samui-Verhältnisse auch noch hübsch. Markus Himmelbauer ist im Himmel angekommen. Statt der üblichen Bruchlandung scheint seine neue Karriere im Steigflug zu sein.
Bei seinen Kumpels ist der bescheiden auftretende Österreicher beliebt. Schnell schütteln altgediente Expats allerdings den Kopf, als sie die Hierarchie in der Mai Ling Bar erleben. Dort schafft nicht der Geldgeber an, sondern die Thaichefin. Den Charme der ersten Wochen hat sie schnell abgelegt. Markus entdeckt neue Tugenden an seiner Abschnittsgefährtin: die Liebe fürs Kartenspiel und die Lotterie, ausgiebige Trinkgelage mit ihren Mädchen und deren Gästen sowie einen Kasernenhofton wie zu Kaiser Wilhelms Zeiten. Lange macht er gute Miene zum bösen Spiel. Er hofft wie viele Auswanderer in den ersten Jahren auf einen Umschwung. Es dauert, bis Markus Himmelbauer erkennt, dass dieser Umschwung nur ein Abschwung ist. Wenn er nach Geld von den üppigen Einnahmen fragt, reagiert Mai Ling ungehalten bis militant sauer. „Why you always talk money…. warum musst du immer über Geld reden.“ Markus ist ein Harmoniemensch und zieht es vor zu schweigen.
Regel Nummer 1: Nimm die Mädchen nicht ernst
Sein bester Freund ist der deutsche Tauchinstrukteur Volker D. (34) aus der Nähe von Frankfurt. Mit ihm kann Markus über all das sprechen, was bei der Freundin auf taube Ohren stößt. Seinen Frust über die Kälte der Partnerin, das Gefühl der Ohnmacht im Geschäftsbetrieb, auch über erste Zweifel an sich und seiner Entscheidung nach Thailand gekommen zu sein.
Volker redet dem Freund monatelang ins Gewissen, weil er dessen Hauptschwäche erkannt hat: die Gutmütigkeit und das Investieren in eine Liebe, die diese Bezeichnung nicht verdient. Er hilft dem von Selbstkritik geplagten Markus anstatt ihn mit der üblichen Hähme zu überschütten. „Es ist leicht, einen zum Trottel zu stempeln, nur weil er diesem Spiel hier nicht gewachsen ist“, sagt Volker D. Er selbst spielt es seit fünf Jahren mit einer Hauptregel: „Nimm die Barmädchen ja nicht ernst und hänge dich nicht bei jeder Beziehung rein, als wenn es die erste oder die letzte wäre…“ Irgendwann, bei einer dieser unzähligen Diskussionen mit dem Freund aus Deutschland, muss es bei Markus klick gemacht haben. Eine zweite Bar, die seine Mai Ling unbedingt auch noch haben wollte, ist ohne Glanz und Glorie Pleite gegangen. Nach einem Käufer wird gesucht. Markus weiß, dass er einen weiteren Dreijahresvertrag an der Mai Ling Bar I nicht mehr mitmachen wird. Der Entschluss zur Heimreise reift. Im Oktober informiert er die engsten Freunde von seiner Entscheidung. „Mir fiel ein Stein vom Herzen. Plötzlich konnte ich wieder ruhig schlafen“, beschreibt Markus seinen Stimmungswandel.
Die letzten Einnahmen auch wieder an die Thai-Freundin
Das letzte große Hurra an der Mai Ling Bar ist die Abschiedsfeier des Sponsoren und Mitbesitzers. Fast alle, die in den vergangenen Jahren seinen Weg gekreuzt haben, kommen. Das kostenlose Spanferkel tut ein Übriges, und der Abend wird ein riesiger Erfolg. Markus Himmelbauer findet sich damit ab, dass er nochmals schuften muss wie ein Pferd. Auch die Tatsache, von diesen Einnahmen soviel gesehen zu haben wie die Jahre zuvor, grämt den Österreicher nicht mehr.
Mit zehn turbulenten Tagen in Pattaya verabschiedet sich Markus von Thailand. Die Worte seines Freundes Volker klingeln ihm in den Ohren. „Komm erst wieder hierher, wenn du nicht auf die Spielchen der Barmädchen reinfällst. Mach dich nicht abhängig von ihnen, verdiene und verwalte dein eigenes Geld.“
Im Dezember fängt Markus Himmelbauer sein neues Leben an, das auch sein altes ist. In einem Hotel- und Bergrestaurant in Vorarlberg hat er eine gute Anstellung gefunden. In der Idylle der Bergwelt wird er viel Zeit haben, über sein vierjähriges Intermezzo nachzudenken. Er kann dafür den Kopf benutzen, den er in Thailand nicht verloren hat. Markus Himmelbauer hat vergeblich nach einer Mischung gesucht, die im Lande des Lächelns selten zu finden ist: guter Sex und eine aufrichtige Liebe. Für die Heimat ist diese Erkenntnis ein guter Start.
Bericht aus dem Farang November 2008
Gruss Kong