«Meine Aussagen waren missverständlich und ungenau»
Mit seiner Aussage, Freier und Prostituierte könnten den neuen Strichplatz für den Sex verlassen, stiess Polizeivorsteher Daniel Leupi Stimmbürger und Parteien vor den Kopf. Jetzt nimmt er Stellung.
Kaum war bekannt, dass die Zürcherinnen und Zürcher dem Strichplatz zustimmten, sorgte Daniel Leupi an einer Medienkonferenz im Anschluss an die Abstimmungen für Ärger und Verwirrung. Der Polizeivorsteher erklärte, dass der Service der Prostituierten «nicht zwingend in den Boxen auf dem Areal vollzogen werden» müsse, sondern auch «auf einem Parkplatz im Auto irgendwo im Quartier» erledigt werden könnte.
An einer Umfrage von Tagesanzeiger.ch geben über 60 Prozent an, dass sie sich durch Leupis Aussage veräppelt fühlen. «Die Stimmbürger werden mit unvollständigen Angaben geködert», hält Gil in einem Kommentar fest und Blanche Wu schreibt, dass sie ein Nein in die Urne gelegt hätte, wenn sie das vor den Abstimmungen gewusst hätte.
Ausfahrt soll regelmässig überprüft werden
Daniel Leupi selbst gibt auf Anfrage Fehler zu. «Meine Aussagen waren tatsächlich missverständlich und ungenau, was ich bedaure», so der Polizeivorsteher. Selbstverständlich wolle man einen geschlossenen Betrieb und keinen Service der Prostituierten im öffentlichen Raum. «Der Punkt ist aber, dass man streng juristisch niemandem verbieten kann, für diesen Service das Areal zu verlassen.»
Das Sozialdepartement plane nun eine regelmässige Überprüfung der Ausfahrt. Auch auf dem Areal werden Leute sein, die Kontrollen durchführen, versichert Leupi. «Wenn eine der Prostituierten systematisch mit den Freiern den Strichplatz verlässt, wird ihr voraussichtlich ein Platzverbot auferlegt.» Der Strichplatz sei ein privates Areal der Stadt. Die Polizei werde daher so lange vor Ort im Einsatz sein, bis alles sauber funktioniere.
Prostituierte haben kein Interesse daran, den Platz zu verlassen
Rückendeckung bekommt der Polizeivorsteher von Parteikollege Christoph Hug, Präsident der Grünen Stadt Zürich. Leupis Aussage sei zwar nicht besonders geschickt gewesen. «Aber es war von Anfang an klar, dass man die Leute nicht daran hindern kann, das Areal zu verlassen. Es sind alles freie Menschen.» Ob das Ziel, die Auswirkungen des Sex-Milieus nicht auf die Umgebung übergreifen zu lassen, erreicht werden könne, wisse man erst nach der Inbetriebnahme des Strichplatzes. «Ich denke jedenfalls, dass es funktionieren könnte.»
Ähnlich schätzt SP-Mann Marcel Savarioud, Mitglied des Komitees «Ja zum Strichplatz», die Situation ein. Zwar sei ein Verlassen des Platzes juristisch nicht verboten. «Allerdings hat die Polizei die Möglichkeit, Rayonverbote gegen Freier und Zuhälter auszusprechen, wenn sie sich wiederholt nicht an die Vorgaben halten. Den Prostituierten würde der Entzug der Bewilligung drohen», so Savarioud.
Er betont zudem, dass die Prostituierten in vielerlei Hinsicht ein Interesse daran hätten, auf dem Platz zu bleiben. «Es ist einerseits sicherer dort, aber auch ökonomisch lohnend, weil sie das Geschäft so schneller erledigen können. Der Weg zurück zum Platz fällt weg und so kann die Frau mehr Freier bedienen.»
Strassenstrich samt Problemen verlagert
Bedenken hat CVP-Gemeinderat Christian Traber, der sich ebenfalls im Vorfeld der Abstimmungen für den Strichplatz stark machte. «Leupis Aussage hat mich erstaunt. Wenn sie ernst gemeint war, wäre das sehr heikel», sagt er gegenüber Tagesanzeiger.ch. Soweit es rechtlich möglich sei, sollte verhindert werden, dass das Gelände von den Prostituierten verlassen wird. «Der Strichplatz soll ja primär gebaut werden, damit sich die Probleme am Sihlquai dort nicht wiederholen und damit auch die Sicherheit der Frauen gewährleistet ist.»
Deutlichere Worte findet Mauro Tuena, Präsident der SVP-Fraktion im Zürcher Gemeinderat. «Ich sehe das als Hintergehung des Stimmvolkes an. Sie sind von etwas anderem ausgegangen», betont er. «Es war nie die Rede davon, dass man wieder in Hinterhöfe und Gärten fahren kann, um dort den sexuellen Akt zu vollziehen, den Abfall an diesen Orten liegen zu lassen und dann womöglich auch noch die Frauen dort stehen zu lassen. Jetzt hat man nicht nur den Strassenstrich verlagert, sondern auch die Probleme der Umgebung.» (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)