Was ist eigentlich aus dem depressiven IV-Bezüger aus Fislisbach /Aargau geworden, der sich fröhlich durch Thailand bumst? Oder haben ihm die IV Detektive bereits den Geldhahn zugedreht?
Bundesgerichtsurteile zeigen das wahre Ausmass
Dummermuth hofft auf ein Ja. Er will Detektive wieder punktuell und als letzte Massnahme einsetzen. «Denn auch wenn sie für die Betroffenen unangenehm sind: Sozialversicherungen sind kein Selbstbedienungsladen!» Ziel müsse sein, dass die richtigen Leistungen an die richtigen Personen gingen. «Das hat auch mit Fairness gegenüber Menschen mit Behinderungen zu tun.»
Wie nötig die Detektive sind, zeigt Dummermuth mit 14 Bundesgerichtsurteilen, die er zusammengetragen hat. «Dabei handelt sich nicht um besonders extreme Fälle. Es sind einfach solche, die ans oberste Gericht weitergezogen wurden.» Im Gegensatz zu den IV-Akten sind diese jedoch öffentlich.
Rollstuhlfahrer geht Aprikosen pflücken
Im Wallis wachsen süsse Aprikosen. Auf Bäumen. Bis zu den Früchten schaffte es auch ein IV-Rentner, bei dem nach einem Velounfall und Operationen eine inkomplette, linksbetonte Querschnittlähmung, Blasenprobleme sowie ausgeprägte Schmerzen diagnostiziert wurden. Deshalb sass er im Rollstuhl und erhielt eine angepasste Wohnung.
Der Versicherte wurde dann aber observiert. Aufnahmen zeigten, wie er Holz sägte, Bäume spritzte und schnitt sowie mit Schaufel und Pickel arbeitete. Mehr noch: «Es habe beobachtet werden können, wie er auf eine Leiter gestiegen sei und sich dabei nach vorne gebückt und auf einem Bein stehend die Aprikosen gepflückt habe», heisst es im Urteil weiter.
Schwierig war es für die Bundesrichter, die Schmerzen des IV-Rentners zu beurteilen. Die Angaben beruhten «primär auf den subjektiven (Schmerz-)Angaben des Beschwerdeführers». Es sei fraglich, ob sie durch Diagnosen erklärt werden könnten. Der Widerspruch zu den Beobachtungen der Detektive war den Richtern dann aber doch zu gross.
Wenn ein depressiver IV-Rentner Golf-Clubmeister wird
Ein Fall ist dem Vizepräsidenten der Schweizer Vereinigung für Sozialpolitik, der sich täglich mit Versicherungsmissbrauch konfrontiert sieht, besonders aufgestossen: Ein Zürcher mit unfallbedingten Schulter- und Kniebeschwerden erhielt erst eine IV-Vollrente, dann eine Teilrente bei einem Behinderungsgrad von 34 Prozent.
Später wünschte er eine Erhöhung wegen mittelgradiger Depressionen. «Doch fast zeitgleich erhielt die IV anonyme Hinweise, dass der gleiche Rentner auf hohem Niveau Golf spielt», erzählt Dummermuth. «Er bestritt Turniere in der ganzen Schweiz und wurde sogar Clubmeister!» Die IV-Stelle stoppte darauf die Zahlungen, das Bundesgericht bestätigte den Missbrauch.
Schmerzpatient rockt nachts die Bühne
Nach einem Verkehrsunfall war ein Mann wegen bleibender Kopf-, Nacken- und Schulterschmerzen zu 75 Prozent arbeitsunfähig und erhielt Leistungen der Unfallversicherung Suva. Aber nicht lange. Denn die Suva kam ihm auf die Schliche. Sie observierte den Mann, der gegenüber einem Schadensinspektor behauptete, er fühle sich wie ein 80-jähriger Mann und bleibe am Abend immer zu Hause.
Die Versicherungsspione entdeckten das pure Gegenteil: Der Mann trat in Tat und Wahrheit als Gitarrist und Leader seiner Rockband auf! Elf Mal in rund zwei Monaten. Da staunten sogar die Lausanner Juristen: «Hals, Nacken, Kopf und der beidseitige Schulterbereich würden bei dem engagierten Gitarrenspiel, dem wiederholten Wippen, Nicken, Neigen sowie dem teilweise lebhaften Gestikulieren stark und praktisch dauerhaft beansprucht. Zum Teil zeige der Beschwerdeführer mit offenem Haar auch ein richtiggehendes ‹Headbangen›», schrieben sie in ihrem Urteil. Dieses bestätigte den Versicherungsmissbrauch.
Quelle
https://www.blick.ch/news/poli…54f0-661acc5c12-216026473